Sonderkündigungsrecht: Wann kann man den Handyvertrag außerordentlich kündigen?

Sonderkündigungsrecht: Wann kann man den Handyvertrag außerordentlich kündigen? – Der nachfolgende Artikel befasst sich mit dem Sonderkündigungsrecht bei Handyverträgen. Zunächst wird ein allgemeiner Blick auf die Verträge geworfen. Danach wird sich mit der Frage befasst, ob oder wann man ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen kann. Anschließend steht das Kündigungsschreiben im Fokus, was muss man beachten und wie kann so ein Schriftstück aussehen. Prinzipiell gelten die Tipps in diesem Artikel für alle Netze und Anbieter, denn sie beruhen auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch und sind damit für Netzbetreiber und Discounter und auch Prepaidkarten gleichermaßen verbindlich.

HINWEIS: Sonderkündigung hat nichts mit dem gesetzlichen Widerrufsrecht zu tun, sondern ist unabhängig und zeitlich unbefristet. Für Verbraucher ist es aber meistens einfacher, sich in den ersten 4 Wochen nach Vertragsabschluss auf das Widerrufsrecht zu berufen, da dies auch ohne Grund möglich ist.

Handyvertrag außerordentlich kündigen

Mobilfunkverträge haben meist eine Laufzeit von zwei Jahren. Von daher sollte man einen solchen Vertragsabschluss nicht überstürzen, sondern zunächst mehrere Tarife von verschiedenen Anbietern vergleichen. Anschließend kann man entscheiden, welcher Tarif aus Preis-Leistung-Sicht für einen persönlich sinnvoll ist. Nach Vertragsabschluss hat man noch das gesetzlich gewährte 14-tägige Widerspruchsrecht. Der Widerspruch muss nicht begründet werden und gilt nur für Verträge, welche online oder telefonisch abgeschlossen wurden. Dazu gilt auch:

  • Verbraucherverträge sind Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Ein Verbraucher ist eine natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
  • Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen liegt vor, wenn der Verbraucher den Vertrag außerhalb seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit schließt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verbraucher den Vertrag in einem Katalog, über das Internet oder am Telefon abschließt.
  • Vertragsabschluss im Fernabsatz liegt vor, wenn der Unternehmer und der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht gleichzeitig anwesend sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verbraucher den Vertrag über das Internet, per Telefon oder per E-Mail abschließt.

Es ist somit ein Irrglaube anzunehmen, dass man generell ein 14-tägiges Widerspruchsrecht besitzt. Bei Vertragsabschlüssen im Shop oder beim Elektronikhändler geht der Gesetzgeber davon aus, dass es ausreichend Zeit und Möglichkeiten gab, sich mit dem Mobilfunkvertrag zu beschäftigen. Ein Widerruf oder eine Stornierung des Vertrages ist somit ausgeschlossen. Der Vertrag läuft dementsprechend zwei Jahre und verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr, falls keine fristgerechte Kündigung eingeht.

Wer im Anschluss daran mit seinem Vertrag unzufrieden ist, hat es schwer aus dem Kontrakt rauszukommen. Man regt sich zwar als Kunde gerne auf und sagt oder denkt „Dann kündige ich halt den Vertrag!“. Aber ganz so einfach ist es nicht. Im Gegenteil es ist sogar sehr schwer, denn ein Sonderkündigungsrecht gibt es – der Name verrät es bereits – nur in Ausnahmefällen.

Sonderkündigungsfälle mit guten Aussichten

Die „guten“ Aussichten sind mehr in Anführungszeichen zu sehen, denn letztlich ist die Sachlage dennoch schlecht beziehungsweise tragisch. Beispielsweise der Tod des Anschlussinhabers, in dem Fall sind die Angehörigen berechtigt mit sofortiger Wirkung zu kündigen und die Todesbescheinigung zeitnah an den Mobilfunkanbieter zu senden. Bei einer Privatinsolvenz gibt es auch gute Chancen auf die Aufhebung des Vertragsverhältnisses. Allerdings ist dies eine Kulanz des Mobilfunkanbieters, möglicherweise stellt dieser jedoch die außerordentliche Kündigung bereits selbst aus, allein aus finanziellen Interessen des Anbieters. Im nachfolgenden Kapitel werden mehrere Beispiele aufgeführt, welche möglicherweise eine Sonderkündigung wegen nicht erbrachter Leistung rechtfertigen.

Sonderkündigung – nicht erbrachte Leistung

Eine Sonderkündigung ist zum Beispiel möglich, wenn eine Rufnummernportierung vertraglich festgelegt wurde, aber die Mitnahme der Telefonnummer nicht durchgeführt werden konnte. Darüber hinaus hat man ein Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen – beispielsweise die Anhebung der Grundgebühr oder die Erhöhung der Verbindungspreise – des Telefonanbieters. Bei vielen Handyverträgen gehört ein Smartphone direkt dazu, sollte dies nicht funktionieren kann man den Provider bitten das Handy innerhalb einer gesetzten Frist zu reparieren. Kommt dieser der Frist nicht nach, so kann man Vertrag außerordentlich kündigen. Selbstredend darf der Defekt nicht selbst vom Kunden verursacht wurden sein. Wenn der Defekt direkt bei Auslieferung ersichtlich ist, hat man vermutlich sehr gute Aussichten auf eine Sonderkündigung.

Gemeinhin flucht man als Kunde, wenn kein Netzempfang vorhanden ist. Grundsätzlich kann jedoch kein Mobilfunkanbieter einen flächendeckenden Empfang bieten. Es empfiehlt sich somit bereits vor Vertragsabschluss die Netzabdeckung des Providers vor Ort online zu prüfen. Bei einem dauerhaften Netzausfall ist eine Sonderkündigung jedoch denkbar. Falls der Empfang vom Provider vertraglich garantiert wurde, aber seitens des Anbieters nicht eingehalten werden kann, so hat man ebenso das Recht auf eine Sonderkündigung. Vor eine Kündigung sollte man aber prüfen, ob es wirklich am Anbieter liegt und nicht an der Technik. Tipps dazu haben wir hier zusammen gestellt: Telekom kein Netz | Vodafone kein Netz | O2 kein Netz | Kein Handyempfang | kein mobiles Internet

HINWEIS: Durch die Abschaltung der 3G Netze und die Umstellung auf LTE hat sich oft vor Ort die Netzqualität verändert. Wenn es dadurch größere Probleme gibt, weil das LTE Netz schlechter ausgebaut ist als das 3G Netz es war, kann das ein Grund für eine Sonderkündigung sein.

Ein weiteres Beispiel für nicht erbrachte Leistung tritt ein, wenn der Mobilfunkanbieter den Anschluss unberechtigt gesperrt hat. Sperrt der Provider den Anschluss aufgrund nicht geleisteter Zahlungen, dann gibt es natürlich kein Sonderkündigungsrecht. Die Betonung liegt also auf unberechtigt, dann kann man den Betreiber auffordern die Sperrung zu einem gewissen Termin aufzuheben. Kommt der Provider dem nicht nach, so besteht das Recht zur außerordentlichen Kündigung.

VIDEO Mittlerweile mehr Verbraucherrechte bei der Kündigung

Handy-Verträge ab JETZT monatlich kündbar - Neues TKG in Kraft | Anwalt Christian Solmecke

Sonderkündigungsrecht? – Weitere Beispiele

Der Umzug ins Ausland ist hingegen kein Sonderkündigungsgrund, obgleich sich manche Anbieter diesbezüglich kulant zeigen. Beispielse können sein:

  • Tod des Vertragsinhabers
  • Umzug ins Ausland
  • Unberechtigte Sperrung des Anschlusses
  • Falsche Rechnungen
  • Defektes Handy

Ein Sonderkündigungsgrund ist beispielsweise eine fehlerhafte Rechnung. Ein derartiger Fehler kann eine zu hohe Grundgebühr oder ein falsch berechneter Umsatzsteuerbetrag sein. Dies reicht natürlich nicht direkt aus, zunächst muss man den Mobilfunkanbieter darüber informieren und bitten die Rechnung zu korrigieren. Kommt der Anbieter dem nicht nach oder stellt weiterhin fehlerhafte Rechnungen aus, besteht ein Sonderkündigungsrecht.

Auf verschiedenen Seiten im Internet wird ein Sonderkündigungsrecht bei fälschlich abgebuchten Drittanbieterleistungen auf der Rechnung erwähnt. Findet man auf der Handyrechnung solche Leistungen, die man nie genutzt hat oder trotz eingerichteter Drittanbietersperre abgerechnet wurden, muss man zunächst der Rechnung widersprechen. Anschließend den Provider auffordern, diese Fremdleistungen zu stornieren. Kommt der Mobilfunkanbieter der Aufforderung nicht nach, hat man das Recht zur außerordentlichen Kündigung.

Allerdings sind die Erfolgsaussichten wohl überschaubar, es ist schwer nachzuweisen, dass man den Drittanbieter nicht beauftragt hat. Im Falle, dass eine Drittanbietersperre nicht funktioniert, ist die Erfolgschance wahrscheinlich größer. Allerdings wird dann der Anbieter den Betrag höchstwahrscheinlich fristgerecht gutschreiben und in Zukunft Abbuchungen von Drittanbietern verhindern, so dass das Sonderkündigungsrecht nicht greifen würde.

Die bisherigen Beispiele zeigen bereits, dass eine Sonderkündigung nicht ad hoc ausgesprochen werden kann. Deswegen wird im nächsten Kapitel beschrieben, was man bei einem außerordentlichen Kündigungsschreiben beachten muss.

Handyvertrag kündigen oder wechseln einfach erklärt

Außerordentliches Kündigungsschreiben – Was muss man beachten?

Eine außerordentliche Kündigung muss immer schriftlich erfolgen, also per Fax, Brief oder E-Mail. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann alle drei Wege nutzen. Es ist allerdings sehr wichtig sich den Eingang des Schreibens bestätigen zu lassen. Also am besten die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein oder per Fax mit Sendeprotokoll schicken.

Einfach zu sagen oder zu schreiben „Ich kündige“ reicht natürlich nicht. Einerseits muss der Grund beschrieben werden, welcher die Sonderkündigung gegebenenfalls rechtfertigt. Andererseits muss der Mobilfunkanbieter die Möglichkeiten bekommen das Problem zu beheben. Diesbezüglich muss man eine Frist setzen, Anwälte empfehlen eine Frist von 3 Wochen. Dies ist ein realistisches Zeitfenster, auch für die Behebung größerer Schwierigkeiten. Die Fristsetzung und Kündigung kann meist in einem zusammengefassten Schreiben erfolgen.

Nachdem der Provider die Sonderkündigung erhalten hat, muss er das Problem innerhalb der gesetzten Frist lösen. Andernfalls tritt die Kündigung automatisch in Kraft. Nach Ablauf der Frist muss man keine weiteren Zahlen mehr leisten. Sollten weiterhin Rechnungen geschickt werden, sollte man diese jedoch nicht ignorieren, sondern einen schriftlichen Widerspruch einlegen und auf die ausgesprochene Sonderkündigung verweisen.

Fazit

Wer also irgendwo einen günstigeren Tarif gefunden hat und deswegen aus seinem laufenden Mobilfunkvertrag raus will, der hat sehr schlechte Karten. Eine Sonderkündigung ist nur in besonderen Fällen möglich und bedarf meist einer jeweiligen Sachlagenprüfung. Die besten Aussichten hat man, wenn eine Leistung im Vertrag fest zugesichert wird, welche der Anbieter nicht erfüllen kann. Bei weiteren Fällen – Umzug ins Ausland oder gravierende finanzielle Schwierigkeiten – hängt die Sonderkündigung von der Kulanz des Mobilfunkanbieters ab. Dieser Artikel stellt allgemeine Informationen zum Sonderkündigungsrecht bei Mobilfunkverträgen zu Verfügung und ist keinesfalls als Rechtsberatung für den Einzelfall zu verstehen. Bei schwerwiegenden Problemen ist es somit ratsam sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen oder die Verbraucherzentrale kontaktieren, und diese um Rat zu fragen.

Zuletzt aktualisiert: 22. Mai 2024


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